Fonds Soziokultur fördert mit 415.000 Euro 34 Kulturprojekte

Der Begriff „Heimat“ ist mit vielen Assoziationen verknüpft. Heimat steht für regionale Verankerung und emotionale Geborgenheit, verspricht Orientierung in einer kosmopolitischen Welt und bleibt dennoch oftmals Utopie, Wunschbild eines besseren Lebens. Entsprechend vielfältig fielen die Reaktionen auf die Projektmittelausschreibung des Fonds Soziokultur für das 2. Halbjahr 2018 zum Thema „Heimat“ aus. Dem Kuratorium des Fonds lagen Anträge zur Prüfung vor. Ausgewählt wurden schließlich 34 Modellvorhaben, die mit Beträgen bis zu 26.000 Euro unterstützt werden.

Die thematische Vielfalt der positiv beschiedenen Anträge spiegelt nicht zuletzt die Vieldeutigkeit des Heimatbegriffs wider. So kann sich die Stuttgarter TheatergruppeLOKSTOFF über die finanzielle Unterstützung ihres „Familienabends“ freuen. In idealer Ergänzung der bundesweit bekannten „Stolpersteine“ werden in ehemaligen Wohnungen von jüdischen Opfern des Holocaust Szenen aus dem Leben der Ermordeten nachgespielt. Die jetzigen Wohnungsinhaber treten dabei als Gastgeber auf, und die Zuschauer erhalten so die Gelegenheit, aus dem aktiven Erinnern ein Gespür für die historische Verantwortung der Nachgeborenen zu entwickeln.

Dass man sich Heimat erst erarbeiten muss, beweist auch die gleichnamige Künstlerinitiative aus Telgte, die für ihr „Heimat: Fest“ ebenfalls eine Förderung des Fonds Soziokultur erhält. In Wettringen werden 30 geflüchtete Künstler zusammen mit 30 EhrenamtlerInnen aus dem münsterländischen Dorf eine gemeinsame Festwoche gestalten. Bildende Künstler malen live Collagen zu Erzählungen von Einheimischen, eine Cross-Over-Band verbindet westfälische mit orientalischen Musikklängen und mehrsprachige Lesungen sowie gemischte Dorfführungen vermitteln neuartige „Heimatbilder“, von denen beide Seiten profitieren.

Eine völlig andere Sichtweise auf das Schwerpunktthema vermittelt schließlich Das LetzteKleinod aus Schiffdorf, das die Erfahrungen geflüchteter Afghanen mit denen von zuvor in Kabul stationierten deutschen Soldaten zusammenbringt. Das „Kabul – Homeland & Hell“ betitelte Projektvorhaben lebt vom Perspektivwechsel: Was für die Einen Heimat war, symbolisierte für die Anderen die Hölle des Krieges. Und was für die Soldaten Rückkehr ins Heimatland bedeutete, war für die Geflüchteten Ankunft in einem fremden Land. Beiderlei Erfahrungen bilden die Grundlage eines Theaterstücks, das für gegenseitiges Verständnis wirbt.

„Heimat ist gegenwärtig in aller Munde“, meinte abschließend der Geschäftsführer des Fonds Soziokultur, Dr. Norbert Sievers. „Der Begriff unterliegt dabei unterschiedlichsten Vereinnahmungen: von der Deutschtümelei bis hin zur konkreten Utopie Ernst Blochs. Es kommt darauf an, der Ideologisierung des Heimatbegriffs entgegenzuarbeiten. Die Soziokultur bietet dazu reichlich Möglichkeiten, weil sie über den lebensweltlichen Bezug der Kulturarbeit den Heimatbegriff gleichsam erdet und so vom Kopf auf die Füße stellt.“

Im Herbst 2018 gibt es eine neue Chance für Aktive in der Soziokultur. Dann schreibt der Fonds die Mittel für Projekte aus, die im ersten Halbjahr 2019 beginnen oder realisiert werden. Stichtag zur Abgabe der Anträge ist der 2. November 2018.

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