Seit Jahren streitet die Stadtteilkultur – das Bündnis KulturWert, der Dachverband STADTKULTUR HAMBURG und viele Menschen aus Stadtteilkulturzentren, Bürgerhäusern, Geschichtswerkstätten und anderen Einrichtungen – für eine faire Bezahlung der Beschäftigten. Jetzt hat Hamburg einen wichtigen Schritt für bessere Arbeitsbedingungen in der Hamburger Stadtteilkultur gemacht und damit neue Maßstäbe für faire Bezahlung in der Soziokultur gesetzt.

Bisher erhält ein Großteil der Mitarbeitenden in Stadtteilkulturzentren, Geschichtswerkstätten und Bürgerhäusern deutlich niedrigere Gehälter als Personen in vergleichbaren Positionen in anderen Organisationen. Zudem ist die Vergütung oft nicht einheitlich. Um die Arbeitsbedingungen in diesem für die Stadt so wichtigen Bereich zu verbessern, haben die Behörde für Kultur und Medien und die für Bezirke zuständige Behörde gemeinsam mit den sieben Bezirksämtern eine neue Stellenbewertung initiiert, die sich am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) orientiert. Jetzt liegen die Ergebnisse aus der Stellenneubewertung in der Soziokultur vor: Rund 65 Prozent der Stellen werden höher eingruppiert, rund 32 Prozent bleiben in derselben Gehaltsgruppe. Die Hamburger Stadtteilkulturzentren, Geschichtswerkstätten und Bürgerhäuser erhalten dafür eine neue strukturelle Förderung von rund einer Million Euro jedes Jahr. Mit fairer Bezahlung und einheitlicher Tarifstruktur stärkt Hamburg so die wichtige kulturelle Arbeit in den Quartieren.
Das Projekt wurde durch die Initiative „KulturWert“ angestoßen, vom Bezirksamt Harburg koordiniert und gemeinsam mit dem Dachverband Stadtkultur Hamburg e.V. in den letzten drei Jahren durchgeführt. Ziel war es, die bestehenden Tätigkeitsprofile in den Stadtteilkultureinrichtungen zu analysieren, neu zu bewerten und erstmals in ein transparent nachvollziehbares Gehaltsgefüge zu überführen, das sich am Tarifvertrag der Länder orientiert. Bislang wurden gut 200 Stellen analysiert. Derzeit wurden 130 Stellen besser eingruppiert, 65 wurden gleich eingruppiert und die wenigen übrigen Stellen werden zukünftig niedriger gruppiert, wobei die niedrigere Entgeltgruppe erst bei einer Neubesetzung der Stelle greifen wird. Hamburg ist das erste Bundesland, das diesen Prozess systematisch durchgeführt hat.
Die Hamburger Stadtteilkultur spielt eine zentrale Rolle für gesellschaftlichen Zusammenhalt, kulturelle Teilhabe und die demokratische Gestaltung des Lebens in unserer Stadt. Stadtteilkulturzentren, Geschichtswerkstätten und Bürgerhäuser sind wichtige Orte der Begegnung und der kulturellen Teilhabe, verbinden in ihren Programmen die Bereiche Kultur, Bildung, Sozialarbeit und Stadtteilarbeit und erreichen Menschen unterschiedlicher Altersgruppen und Herkunft. Die Beschäftigten vor Ort leisten tagtäglich einen Beitrag zur kulturellen Vielfalt Hamburgs.
Die neue tarifliche Systematisierung ihrer Arbeit wertet dieses Engagement strukturell auf. Es soll rückwirkend ab dem 1. Januar 2025 eingeführt werden. Die neue Bewertung orientiert sich am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und bringt in allen Stellenkategorien deutliche Verbesserungen. Sie umfasst folgende Stellenkategorien:
- Geschäftsführung: Entgeltgruppe 12 bis 14 (je nach Einrichtungsgröße und Angebotsvielfalt)
- Leitung Geschichtswerkstatt: Entgeltgruppe 13
- Hausleitung, Öffentlichkeitsarbeit und Programmleitung: Entgeltgruppe 11
- Buchhaltung und Veranstaltungstechnik: Entgeltgruppe 9a
- Hausmeister: Entgeltgruppe 4 bis 5 (je nach Ausbildung)
Die neue Gehaltsstruktur stärkt die Einrichtungen nachhaltig und schafft die Voraussetzungen für eine professionelle und kontinuierliche Arbeit in den Quartieren.
Alle Fachinfos zu Fair Pay in der Hamburger Stadtteilkultur
Interview mit Brosda zur neuen Gehaltsstruktur in der Stadtteilkultur NDR: Stadt will Beschäftigte in vielen Kulturzentren besser bezahlen NDR: Hamburgs Stadteilkultur bekommt mehr Geld Fair Pay: Neue Gehaltsstruktur für Stadtteilkulturzentren, Geschichtswerkstätten und Bürgerhäuser Carsten Brosda im NDR: Mehr Geld für Hamburgs Kultur
Die Forderung von STADTKULTUR HAMBURG zu fairer Bezahlung in der Stadtteilkultur
Die Ziele der Hamburger Stadtteilkultur mit der Kampagne Fair Pay Stadtteilkultur für eine faire Bezahlung waren:
- einen finanziellen Ausgleich für die Tariferhöhungen, die von Verdi für den TV-L verhandelt wurden, zu erreichen,
- einen Inflationsausgleich angesichts der stark gestiegenen Preise zu bewirken
- und bis zum Doppelhaushalt der Freien und Hansestadt Hamburg 2025/26 die Umsetzung und Finanzierung der Neueingruppierung der Stellen in den Einrichtungen zu verwirklichen.
Seit vielen Jahren war die Bezahlung in der Stadtteilkultur prekär und entsprach nicht der Verantwortung und der nötigen Ausbildung für diese Arbeit. STADTKULTUR HAMBURG und das Bündnis KulturWert kämpften deshalb seit Jahren für eine faire Bezahlung.
Die Historie der Kampagne „Fair Pay Stadtteilkultur“
- Seit 2017 wurde verstärkte über eine faire Bezahlung in der Hamburger Stadtteilkultur diskutiert.
- 2018: Im Frühjahr organisierten sich Mitarbeiter*innen aus einzelnen Stadtteilkulturzentren als die Gruppe „Junge Stadtteilkultur“ und kamen in den Austausch über unfaire Bezahlung. 2019 wurde aus diesem Zusammenschluss das Bündnis KulturWert gegründet, ab hier wurde intensiv am Thema gearbeitet. Auf der Vollversammlung im August wurden erste Forderungen verkündet. Der Dachverband und KulturWert führten in der Folge vielen Gesprächen mit Politik und machten deutlich, dass etwas passieren muss. STADTKULTUR widmete auch ein stadtkultur magazin dem Thema „Fair statt prekär“.
- 2021 kam es zu einem Gespräch von KulturWert mit Finanzsenator Dr. Andreas Dressel, später dann ein weiteres Gespräche mit Kultursenator Dr. Carsten Brosda, Bezirkssenatorin Katharina Fegebank und Dr. Andreas Dressel statt. In der Folge wurde beschlossen, eine Stelle im Bezirksamt Harburg einzurichten, die alle Eingruppierungen der Stadtteilkulturzentren, Geschichtswerkstätten und Bürgerhäuser prüft und die Stellen neu bewertet. Die Stelle wurde zwei Jahre später mit einer hochqualifizierten Fachkraft besetzt, die zwei Jahre an den Bewertungen gearbeitet hat. Es zeichnete sich ab, dass zahlreiche Stellen im Schnitt höher eingruppiert und damit besser bezahlt werden müssen. Der Dachverband unterstützte während dieser Zeit die Einrichtungen durch verschiedene Fortbildungen, die Erarbeitung von Musterstellenbeschreibungen und die Begleitung durch einen spezialisierten Juristen.
- 2023 fasste der Dachverband seine Forderungen zusammen. Corinne Eichner reiste von Ende 2023 bis Mitte 2024 zusammen mit der Referentin für Stadtteilkultur der Behörde für Kultur und Medien, Henriette von Enckevort, durch die Hamburger Bezirke. In den bezirklichen Kulturausschusssitzungen stellte Henriette von Enckevort die neue Globalrichtlinie vor und Corinne Eichner ging auf die Themen Tariferhöhungen, Inflationsausgleich und Finanzierung der Neueingruppierung der Stellen ein. Um weitere Gespräche von Akteur*innen der Stadtteilkultur in den Bezirken mit Politik und Verwaltung zu unterstützen, erstellte STADTKULTUR eine Handreichung für seine Mitglieder für Gespräche mit der Lokalpolitik. Diese Bemühungen in den Bezirken hatten in der Folge dann zu Anträgen für finanzielle Ausgleiche in Wandsbek, Mitte, Bergedorf, Nord, Harburg und Altona geführt.
- 2024: Anfang Februar 2024 fand ein Treffen von Vorstand und Geschäftsführung von STADTKULTUR HAMBURG mit Kultursenator Dr. Carsten Brosda, Bezirkssenatorin Katharina Fegebank und Finanzsenator Dr. Andreas Dressel statt zu den Themen Tariferhöhungen, Inflationsausgleich und Finanzierung der Neueingruppierung der Stellen. Ende Dezember wurde einen Haushalt beschlossen, der auf viele der Forderungen der Stadtteilkultur einging: Die Mehrbedarfe für die Neubewertung wurden im Doppelhaushalt 2025/26 zur Verfügung gestellt. Kultursenator Dr. Carsten Brosda zum Haushaltsentwurf: „Das Geld wird gebraucht, um die Menschen im Kulturbereich – insbesondere auch in der Stadtteilkultur – besser zu bezahlen und um die Inflation und die Folgen der aktuellen Krisen in der Welt auszugleichen.“
- Mitte 2025 ist nun die Stellenneubewertung endlich abgeschlossen.