stadtkultur magazin Nr. 43: Wildes Hamburg – Grüne Oasen, Nischen und Großstadtdschungel

Es ist die Lifestyle-Gretchenfrage: Raus auf’s Land? Oder doch lieber ein Leben in der Großstadt? Die Hamburger Stadtteilkultur kennt einen dritten Weg: Es gibt die Hamburger Wildnis – mitten in der Großstadt.

 

Die Hamburger Stadtteilkultureinrichtungen ermöglichen Naturerlebnisse – auch in der Stadt. Als lokale Einrichtungen mit wachem Blick merken sie, was ihr Stadtteil zu bieten hat und machen etwas draus. Oder sie merken, was fehlt, und versuchen, das Fehlende nachzuliefern.

Dieses Heft mit dem Thema „Wildes Hamburg“ führt also zu grünen Oasen im dicht bebauten Altona: Im MOTTE-Garten leben Hühner und Bienen zwischen sattem Grün. Und beim Bauspielplatz Hexenberg sorgen alte Kastanien und wildes Gebüsch für den Grünanteil, während bunte Hütten, von Kindern gebaut, ein wildes Leben ermöglichen.

Wer in Hamburg ein Naturerlebnis sucht, der landet unweigerlich am und auf dem Wasser. Klarer Fall: Hamburgs Flüsse bieten tolle Möglichkeiten für Barkassentouren wie die der Stadtteilinitiative Hamm und für künstlerische Raum-Erforschungen, wie sie die Schaltzentrale unternimmt. Auch eine Kombination aus Sport und Naturerlebnis ist möglich – das Goldbekhaus bietet Stand Up Paddling-Kurse auf dem Goldbekkanal vorm Haus.

Im wilden Wilhelmsburg reichen Boote nicht, dort erkundet das Freizeithaus Kirchdorf-Süd den Stadtteil auch zu Fuß, auf dem Fahrrad oder in HVV-Bussen. In Bramfeld schickt die „Ginstertour“ des Stadtteilarchivs Bramfeld Fahrradfah­rer*­innen auf die Suche nach jener Pflanze, die dem Stadtteil seinen Namen gegeben hat: Ginster heißt nämlich auf plattdeutsch „Braam“. Eine ganz andere Baustelle im Wortsinn hat das KL!CK Kindermuseum im Osdorfer Born: Dort werden Kinder zu Bauarbeitern. Falls zuviel gebaut wird, könnten die Teilnehmer*innen der Akademie der Zerstörung Abhilfe verschaffen: Die Akademie beschäftigt sich im FUNDUS THEA­TER praktisch und theoretisch mit dem Kaputt-Machen.

Womit wir bei jener Wortbedeutung von „wild“ sind, die nicht Wildnis meint, sondern wildes Leben: Sprayer zum Beispiel kennen die Grenze zum Illegalen gut, wenngleich sie beim Street-Art-Projekt des Freizeitzentrums Schnelsen eindeutig im legalen Bereich unterwegs waren. Ebenfalls fühlt es sich wild an, ein Lagerfeuer in der Stadt zu veranstalten: Das Bürgerhaus Bornheide tut dies mittlerweile regelmäßig und lädt die Bewohner*innen des Stadtteils zu „Lagerfeuerkonzerten“. Und die jungen Reporter*innen der Ohrlotsen sind für ihre Radiobeiträge oft im Großstadtdschungel unterwegs.

Draußen am Stadtrand ist der Beat da ein wenig anders: Die Besucher*innen des Kulturzentrums BiM im Hamburger Nordosten erwartet weder Wildnis noch Wildheit sondern Urlaubsfeeling mit Tischtennis, Wikingerschach und Kaltgetränk. Fast ist es, als wäre man schon auf dem Land. Aber nur fast.

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